Intermaterialität

Materialien über Materialien

Paul Stein verwendet in seinen Skizzenbüchern die verschiedensten Materialen. Dabei erweisen sich die Dinge des Alltags als wesentliche Ausgangsbasis für die künstlerische Arbeit. Aufgeladen mit ihrer eigenen Geschichte, auch Verbrauchtheit wirken sie als Antrieb des künstlerischen Prozesses. Bereits gebrauchte Bücher wie z. B. ausgediente Kontobücher werden bearbeitet und wiederverwendet. Ganz eigen ist der Band 20: Nicht wie sonst zur Gänze übermalt, belegen Texte und Bilder ausschließlich den Bereich des Satzspiegels, sodass die Materialität des gealterten Buches in hohem Maße wirksam bleibt.

Bezüge über Bezüge

Kulturtheoretisch bietet Paul Steins Vorgehensweise zahlreiche Anknüpfungspunkte an Konzepte wie Intertextualität und Intermaterialität. So bezieht sich Paul Stein stellenweise explizit auf den Grafiker und Zeichner Horst Janssen. Auch Musik ist ein zentrales Element. Ikonen wie Glenn Miller und Miles Davis (B 20: 4558) oder der Bee Gees (B 20: 4492) werden erwähnt, eine zerbrochene Schallplatte findet sich auf einem Buchdeckel (B 60).

In Paul Steins Skizzenbüchern lässt sich Intermaterialität keineswegs als Illustrierung eines Textes erklären. Sie ist vielmehr ein Spiel mit verschiedenen Materialien, die miteinander eine Verbindung eingehen und neue assoziative Sinnzusammenhänge stiften.

Mit der Nutzbarmachung unterschiedlicher Materialien stellt sich Paul Stein selbst in künstlerische Traditionen, die spätestens seit Beginn des 20. Jahrhundert auf eine Aufwertung von Materialität abzielen. Objets trouvé werden ein zentrales Sujet der bildenden Kunst. Collage und Montage sind Mittel des Surrealismus, der Arte Povera, der Pop- und der Konzept-Kunst. Stein zeichnet ein feines Gespür für Zusammenführungen zwischen dem Bedeutungslosen und dem Bedeutsamen aus – er weiß sie pointiert im Kanon seines grafischen und schreibenden Agierens zu platzieren.

B 70: 015056 (Rost)